Als ich mir die Winkel überlegt habe, die ich Euch von ‘meiner Stadt’ zeigen möchte, fielen mir zuallererst mal die Plätze und Stellen in der Natur ein, an die es mich zieht, wenn ich Ruhe brauche oder wenn ich mich wieder ein wenig ausbalancieren möchte.
Aber ein paar der schönen Natur-Ecken hab Euch ja schon im letzten Post gezeigt … also musste ich das nochmal neu angehen, was mag ich denn an dieser Stadt noch gern, wo treibe ich mich gerne herum?
Was mir an der Stadt gut gefällt, ist dass sie im 17. Jahrhundert vielen Hugenotten (französischen Religionsflüchtlingen) Zuflucht gewährt hat, ja eigentlich sogar mehr als das, der damals regierende Markgraf Christian Ernst hat eine ganze Stadt neu anlegen lassen um das wohl damals ziemlich heruntergekommene Städtchen für die heimatlosen Handwerker aus Frankreich attraktiv zu machen. Die Hugenotten waren Handschuhmacher, Strumpfwirker, Hutmacher und Weißgerber - und ein paar Spuren dieser Zünfte sieht man noch im Stadtbild. Die Altstadt atmet nach wie vor ein wenig französischen Charme - auch wenn die Geschäfte dort mittlerweile fast alle leer stehen (Stadtplanung ist anscheinend heute kein Thema für die aktuellen Verantwortlichen) - das Vereinsamen und Aussterben dieser wirklich schönen Ecke der Stadt tut schon ganz schön weh.
Wie so oft sind es kleine Details, die für mich Charme haben, hier mag ich diese kleinen Figürchen sehr gerne, die früher die Fensterläden offen gehalten haben - hier ein paar doch schon ziemlich mitgenommene Exemplare. Man sieht sie immer mal wieder in der Stadt und als Kind habe ich mir viele Geschichten zu ihnen ausgedacht.
Während ich noch ein wenig unschlüssig hin und her überlegte (ich hab mir ehrlicherweise die Rückkehr in diese Stadt nicht ausgesucht und habe auch immer noch ein eher ambivalentes Verhältnis zu ihr, daher ist das gar nicht soo einfach für mich, mit dieser Brille durch die Stadt zu streifen 😬) erschien doch auf einmal und völlig ‚klar’ die Lösung: Nebel.
Nebel liebe ich, ich mag es wie er die Farben dämpft, wie die Töne leiser werden und die Grenzen undeutlich - im Nebel mag ich es fast überall 😉
Und so zog ich denn los - und natürlich auch gleich zu einem meiner doch ziemlich jahreszeitunabhängigen Lieblingsorte hier, in den Schlossgarten.
Dieser eher kleine und ziemlich überschaubare Garten inmitten der Stadt ist nicht wirklich spektakulär oder atemberaubend - aber für mich doch immer schon auch ein Rückzugsort gewesen. Auch jetzt gehe ich gerne hierher, wenn es im Büro (das so ziemlich gleich um die Ecke ist) super turbulent ist und ich mal Ordnung in meine Gedanken bringen muss oder wenn ich mich auf schwierige Gespräche vorbereite - aber auch wenn ich gute Gespräche führen möchte, die über einen kurzen Plausch hinausgehen, zieht es mich immer wieder hierhin.
Dieses hier zu erahnende Reiterstandbild hat mich immer wieder verwundert - nicht so sehr das Standbild des Reiters als die - in meinen Augen immer so richtig erschrocken dreinschauenden Figuren zu seinen Füßen - so recht konnte ich mir keinen Reim drauf machen, welchem furchteinflößendem Menschen diese beschauliche Kleinstadt im Süden Deutschlands denn hier ein Denkmal gesetzt hat - oder ob die ängstlichen Gesichter eher der zerstörerischen Kräften der Witterung zuzuschreiben sind…
Für Euch habe ich es nun herausgefunden: der Herr ist der Markgraf Christian Ernst, (*1644-1712), eben der der auch die Hugenotten hier angesiedelt hat.
Das Denkmal soll an seine Teilnahme an den ‘Türkenkriegen’ erinnern und zeigt ihn auf dem Pferd in voller Rüstung. Die Figuren um den Sockel herum sind ein Türke und Invidia, die Personifikation des Neids.
Also gut, da passen die erschrockenen Blicke ja durchaus - Frage ist nur, ob man sich daran so unbedingt erinnern muss…
Zum Abschluss - und weil das ja nun doch ein ziemlich persönliches Stadtbild geworden ist, hier noch meine Kaffeeoasen und eine Ecke, die mich jedesmal zum Schmunzeln bringt.