Darf ich mich Fotografin nennen?
Darf ich mich als Künstlerin bezeichnen?
Darf ich es Kunst nennen auch wenn es bunt und fröhlich ist?
Darf ich es Kunst nennen auch wenn ich es nur ganz selten mache?
Ist Fotografie echte Kunst?
Ist es auch Kunst wenn es ‚einfach‘ so passiert ist?
Vielleicht kann der/die ein oder andere diese Liste ja auch ganz gut fortführen…
In einem Seminar vor ein paar Wochen, in dem ich anderen Kreativen (KünstlerInnen?) zusammensaß mußte ich feststellen, dass dieses ‚darf ich das?‘ nicht nur mich als Amateurin umtreibt, sondern die etablierten Kunstschaffenden um mich herum ganz genauso. Das scheint also nicht unbedingt eine Frage dessen zu sein, was man schon erreicht hat oder welche Ausbildung man hat, denn im Grunde kamen wir immer wieder auf diese Suche nach einer Art Erlaubnis zurück.
Ich habe ja auch schon immer mal wieder festgestellt, dass mich Bemerkungen anderer zum falschen Moment in meinem Tun ganz schön aus der Bahn werfen können. Besonders schwierig wird es für mich, wenn es um meine Arbeitsweise und Herangehensweise geht: zu unstrukturiert, zu wild, zu spielerisch, zu wenig ernsthaft, das sind so die Kommentare, mit denen ich mich da herumschlagen muss und die leider sehr genau ihr Ziel finden. Manchmal brauche ich dafür auch gar kein Gegenüber, ich kann mir das auch ganz ausgezeichnet ganz alleine sagen 😊.
Anscheinend trifft es mich auch gleich doppelt, weil es zum Einen in Frage stellt, ob ich das überhaupt ‚richtig‘ mache - Großformat und Pinhole ohne Stativ, Drucke ohne Zwischenreinigung, Direct-To-Plate Photogravure ohne RIP … und weil ich das ja nicht tue, ist das Ergebnis ja auch gleich mal mit abgewertet.
Zum Anderen, und das geht noch ein ganzes Stück tiefer, kritisiert und schmälert so eine Bemerkung die grosse Freude, die mir das Spielerische, Leichte und vielleicht auch manchmal Unüberlegte bringt. Da ist die Haut dünn, (vielleicht schwingen da auch vergangene Zurechtweisungen neu an) und ich habe - manchmal sehr lange - daran zu arbeiten, diese Bedrückung, dieses Klein-fühlen wieder loszuwerden und mich wieder einigermaßen unbeschwert in mein Tun zu versenken zu können.
Glücklicherweise hat Ruth Bergmann, eine meiner Mit-Seminaristinnen, eine Art Gegengift für solche Situationen gefunden und mitgebracht. Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich darüber bin und wie oft mir das doch auch schon den Schubs gegeben hat, den ich in diesem Moment gebraucht habe.
Und da ich völlig begeistert bin von der Kombination einer meiner Lieblings-Schauspieler und dieser Botschaft, möchte ich Euch dieses Video mit seiner wunderbaren Antwort auf diese Fragen sehr ans Herz legen: Benedict Cumberbatch liest den Brief von Sol LeWitt an Eva Hesse.
Im Moment beginnen meine Nachmittage und Abende in der Werkstatt mit diesen Minuten und der wunderbaren, entlastenden Aufforderung, die wie ich finde extrem überzeugend dargeboten wird: