Vor einigen Monaten habe ich mir eine Druckerpresse 'ertauscht', habe mich von einer Technik und dem dazugehörigen Material verabschiedet - und hab mir sozusagen beim Schließen der Tür gleich eine neue geöffnet 😊.
Damit wurde ein großes Herzenswunsch möglich: ich kann nun meine Polymergravüre-Platten (auch Solarplates genannt) selbst drucken. Bisher habe ich dazu nur in Schweinfurt Gelegenheit gehabt, dort haben wir in Zusammenarbeit mit der Radierwerkstatt in den letzten Jahren schon mehrere wunderbare Wochenenden mit der Herstellung der Platten und dem Druck verbracht.
Die Presse stand jetzt einige Monate bei mir im Arbeitszimmer herum, nie hatte ich so richtig Zeit und Muße, mich richtig um sie zu kümmern, außerdem mussten ja auch wieder neue Zutaten für diese Technik besorgt werden - Besuche bei meinem Lieblingsladen boesner waren notwendig, die Polymerplatten mussten bestellt werden - das hat alles seine Zeit gedauert.
Zwischen den Jahren war es dann soweit - alles war zusammengesucht und bereit, Katrin frohen Mutes und es konnte endlich losgehen.
Ich muss gleich zugeben, dass ich meine 'alten' Platten, also die, die ich in Schweinfurt bei den letzten Workshops gemacht habe, eigentlich nicht wieder drucken wollte. Nein, ich wollte neue Platten machen und hatte und habe auch eine ganze Menge Ideen und Vorstellungen, was denn noch so alles mit den Platten ausprobiert werden soll - der Kopf war, wie sich herausstellen sollte, der Realität ein paar Lichtjahre voraus.
Um nicht alle mit der Technik zu langweilen*, fasse ich das jetzt ganz kurz zusammen: 'normalerweise' muss man mit einer Aquatintafolie (diese Folie hat ein mit dem Computer erzeugtes, ungeordnetes Punktraster) die Platte vorbelichten, dann legt man die Folie mit dem eigentlichen Bild auf und belichtet noch einmal.
Der Experte (= alle Anleitungen aus dem Internet und Büchern und mein Workshopleiter) sagt:
- ohne die Aquatintafolie geht es nicht, denn dadurch werden unterschiedliche Vertiefungen in der Polymerplatte erzeugt, die am Ende unterschiedlich viel Farbe aufnehmen können. Nur so ist es möglich sehr differenzierte Halbtonwiedergaben zu erhalten.
- man muss zuerst die optimale Schwärzung mit der Aquatintafolie bestimmen, dann kann man die Belichtungszeit für die Bildfolie bestimmen.
Also habe ich mich ganz brav (wenn auch ziemlich gequält) daran gemacht, mit der Aquatintafolie die Belichtungszeit zu bestimmen, die eine gute Schwärze liefern kann.
Was soll ich sagen?
Es funktioniert einfach nicht. Nicht mit 5 Minuten Belichtungszeit, nicht mit einer, nicht mit 10 und 30 Sekunden, nicht mit 12-14-16-20 Minuten, nicht mit 80 Minuten einfach: GARNICHT.
Das hat mich mehrere Stunden (Tage...) Platten gekostet ohne dass ich zu irgendeinem verwertbaren Ergebnis gekommen bin.
Als der Frust schon richtig groß war, habe ich beschlossen, die Methode zu wechseln. Eigentlich - so meine Überzeugung - müsste das Raster ja auch mit Photoshop zu erzeugen sein - und dann gleich in der Bildfolie.
Als ich diese Überlegungen meinem Fotofreund erzählte, hat dieser mir die Leviten gelesen und auf die Notwendigkeit eines standardisierten Vorgehens hingewiesen, da man sich einer neuen Technik nur so richtig annähern könne.
Ich bin an diesem Abend mit einem Gefühl von: 'so wie du das angehst wird das nix, Du musst endlich mal ernsthafter werden' - heimgegangen.
Die Platten und die Presse lagen dann erstmal für zwei Wochen im Eck.
Ich kann Euch gar nicht sagen, wie sehr ich mich mittlerweile über mich selbst ärgere. Warum lasse ich mir denn das eigentlich immer und immer wieder sagen, dass meine Methode nicht 'richtig' ist? Ich habe doch nun schon mehrmals die Erfahrung gemacht, dass manche Dinge eben 'doch gehen' auch wenn man mir zehn mal gesagt hat, dass es so gar nicht gehen kann, und bin auch mit meiner Art zu gutem Verständnis und guten Ergebnissen gekommen, sei es bei der Filmentwicklung, beim Einsatz von Filtern und Objektiven, bei der Kollodiumfotografie - immer und immer wieder gab es einen Experten, der mir gesagt hat: so wie Du das machst ist es nicht richtig - zu wenig ernsthaft - so kann es nichts gescheites werden.
Bei den Polymergravüren habe ich die Ermahnungen nach zwei Wochen dann endlich unter den Teppich gekehrt und habe angefangen, meine Bilder gleich zu rastern und dann ohne die Aquatintafolie zu verarbeiten. Ich kann noch nicht sagen, dass ich schon am Ziel wäre, aber ich merke, dass es auf diese Weise für mich möglich ist, richtig und genau zu verstehen, was da passiert. Ich kann an den Bildern ablesen, was ich an der Kurve verändern muss, um das Ergebnis zu verbessern. Ich verstehen den Prozess - ich verstehe die Übersetzung von einem Medium ins andere - auch wenn ich sozusagen noch nicht die Grammatik richtig anwende, so kann doch verstehen, worum es geht.
Ich kann Euch nicht erklären, warum das mit dieser Aquatintafolie (die ich bei einem Spezialladen für Polymergravüre gekauft habe (super teuer Spaß übrigens!)) bei mir nicht geht. Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür.
Mein Fazit und 'note to self': jeder hat seine eigene Weise, sich etwas anzueignen, zu lernen, zu verstehen - was für den einen richtig und gut ist, muss es nicht zwangsläufig auch für den anderen sein - und ich kann an dieser Stelle nur dafür plädieren, sich nicht von einem 'so kann das nichts werden' entmutigen zu lassen - auch wenn der vorgeschlagenen Weg ein richtiger und guter ist - er muss zu Euch passen, er muss Eurem Tempo und Eurem Ansatz und Euere Art, Euch Dinge zu erarbeiten entsprechen - sonst führt er einfach nur in die Irre.
In diesem Sinne hoffe ich, dass ich das nächste Mal endlich ein bißchen mehr Zutrauen in mich selbst habe!
* über die Technik erzähle ich noch Genaueres, ich werde dafür einen eigenen Menüpunkt anlegen, das ist doch zu speziell für den Blog und die Informationen sind da leichter zu finden.
Und hier findet Ihr eine kurze Beschreibung des Verfahrens, Dank an die Edeldrucker! Bei der Bezeichnung sind mehrere möglich, das Verfahren wird auch Solarplates, Heliogravüre und Polymergravüre genannt.